Digitale Städte: Lokal verwurzelt, global verbunden.

Wir leben heutzutage auf eine besondere Weise in einer Stadt. Wir haben unsere vertrauten Orte, die gewohnten Wege auf denen wir uns tagtäglich bewegen, unsere sozialen Netzwerke und fühlen uns mit diesem Umfeld verbunden. Die Stadt ist unser persönlicher Mikrokosmos, in dem wir unsere Identität formen und unsere sozialen Bindungen knüpfen. Doch gleichzeitig sind wir aus diesen Städten heraus global vernetzt, mit Verbindungen und Wegen, die weit über die Grenzen unserer Stadt hinausreichen.

Für Digitalisierer*innen ist diese Perspektive von entscheidender Bedeutung. Sie setzt uns den Gestaltungsrahmen, in dem wir aktiv sind und zwingt uns auch ein stückweit über die blinkenden Geräte hinweg zu schauen und die Wechselwirkung zwischen Technologie und städtischem Raum im Gestaltungsprozess mitzudenken. Sie hilft uns zu bewerten was das Digitale mit einer Stadt macht.

Mit zunehmender Erreichbarkeit und Präsenz des Entfernten wird das Lokale immer wichtiger. Wir lieben den City Beach in Gehweite und laufen morgen den Marathon in Stockholm. Wir stehn aufs Radischen vom Bauern ums Eck und engagieren uns emotional in der weltweiten Black Lives Matter Bewegung. Grow Local, feel Global!

Zweifellos ist die Tatsache, dass sich moderne Städte zu Mobilitätsknotenpunkten entwickelt haben. In Städten unterwegs zu sein ist heute so einfach wie nie zuvor und natürlich ist auch der Tagestripp aus der Stadt raus, die geschäftliche Durchreise durch, oder der Touritripp in eine andere Stadt kein Problem – all das dank moderner Verkehrsmittel und Infrastrukturen. Wir versumpern heute im eigenen Grätzl und erkunden morgen die Welt.

Ein Faktor, der diese Verbindung zwischen Lokalität und Globalität noch weiter verstärkt, sind digitale Medien. Ähnlich wie Verkehrsmittel helfen sie uns dabei, Distanzen zu überwinden und zwar in Echtzeit. In der Tat gehen manche Sozialwissenschafter sogar so weit, digitale Mobilität mit physischer Mobilität gleichzusetzen. Sie ermöglichen uns, auf virtuelle Weise unterwegs und vernetzt zu sein. 

Wir können mit Menschen auf der ganzen Welt interagieren, Produkte und Dienstleistungen nutzen, die wir als “distanzlos” wahrnehmen, die wir online bestellen und liefern lassen, falls sie überhaupt geliefert werden müssen und nicht einfach downloadbar sind. Ohne einen Schritt zu machen, kommen Güter und Dienstleistungen bis an die Haustür (Alles theoretisch natürlich, weil praktisch werden wir ja meistens und “leider nicht angetroffen”, hirschen in den Paketshop oder läuten die Nachbarn aus den Federn, die die Lieferung entgegengenommen haben).

In der Zeit dieses neuen digitalen Urbanismus werden räumliche Distanzen immer weniger relevant. Die physische Distanz in einer Stadt wird durch verschiedene, ineinander greifende Mobilitäten überbrückt. Die Stadt wird zu einem Netzwerk, in dem nicht nur wir Menschen einfach unterwegs sind, sondern Orte, Produkte, Dienstleistungen und Bilder naht- und distanzlos fließen

Die Überwindung von Distanzen führt zur Neugestaltung und Neubewertung von ganzen Stadtgebieten. Was früher Peripherie war, ist nicht mehr außen vor und weit weg.  Es entsteht eine neue Balance innerhalb eine Stadt und auch ihrer Einzugsgebiete.

Das gilt es natürlich zu bedenken wenn wir digital gestalten. Mit neuen digitalen Services helfen wir Städten zu wachsen und sich auszudehnen und trotzdem ein Ort kurzer Wege zu sein, wo vieles nah und manches nur ein Klick entfernt ist. Wir greifen dadurch aber wesentlich ins Stadtgefüge ein. 

Von der ruhigen Peripherie aus, zum Beispiel in einem Home Office, lässt sich wunderbar Arbeit verrichten, ohne sich den täglichen Weg in die zentralen Büros der Stadt ergranteln zu müssen. Innenstädte mit ihren Bürovierteln verlieren so an Bedeutung, gewinnen aber womöglich im direkten Gegenzug an Relevanz, weil das Kulturangebot im Zentrum jenes in Suburbia um Meilen schlägt. Man will also trotzdem wieder hin, nur der Grund ist ein anderer.

Und vielleicht liegt hier auch ein Problem, wenn es um nachhaltiges Verhalten geht. Das Digitale trägt potentiell zur Zersiedelung bei und schafft mehr Suburbias. Die Menschen, die dort leben, sparen (sich) im bequemen Home Office zwar den Verkehr in die Arbeit, machen aber womöglich dafür viele andere Wege stattdessen. Rebound!

Für eine “Stadt der kurzen Wege”, in der wir lokal leben und einfach ins Globale wechseln, spielen die verschieden Straßen, Schienen, Wege und die mittlerweile vielen Mobilitätsformen mit denen wir unterwegs sind klarerweise eine zentrale Rolle. Genauso aber sind die virtuelle Vernetzung, die Medien und digitalen Tools, die wir verwenden, wesentliche Faktoren wie wir eine Stadt wahrnehmen und nutzen.

Urbane Großräume sind engmaschige Knotenpunkte. Sie erlauben uns physisch und digital mobil zu sein und Distanzen schnell und einfach zu überbrücken, innerhalb ihrer Stadtgrenzen und weit darüber hinaus. Das verändert die Ordnung, Hierarchie und die Beziehung zwischen ganzen Vierteln, während ihre Wertigkeit und ihr Nutzen neu gemischt werden. Und Digitalisierung trägt wesentlich dazu bei.

Wenn wir diese neuzeitigen digitalen Städte gestalten, braucht es also ein realistisches Bild wie Digitales das Wesen von Städten mitbestimmt und es gilt die Vor- und Nachteile abzuwägen. Wir gestalten für ein erstrebenswertes, modernes Leben in der Stadt: Lokal verwurzelt und trotzdem global verbunden.



Leave a comment